Am Anfang des 13. Jahrhunderts wurden in Bremen wichtige Schritte in der Entwicklung zur freien Stadt getan. Ein Selbstverwaltungsorgan, der Rat, hatte sich herausgebildet (urkundlich erwähnt 1225), die Stadt schloß Verträge ohne Beteiligung ihres Stadtherrn, des Erzbischofs (1220 mit den Rüstringer Friesen), und sie beschaffte sich für solche Zwecke und als sichtbaren Ausdruck der eigenständigen rechtlichen Handlungsfähigkeit ein Stadtsiegel. Erwähnt wird es zuerst in einer Urkunde von 1229.
Das Siegelbild zeigt links einen Bischof mit Bischofsmütze und dem Krummstab in der Rechten, rechts einen Kaiser mit Krone und Reichsapfel - ohne das später übliche Kreuz darauf - in der Linken. Sie sitzen sich gegenüber vor einer zinnenbewehrten Stadtmauer mit einem Tordurchlaß in der Mitte und halten ein Modell des Bremer Domes zwischen sich. Vermutlich stellen sie Willehad und Karl den Großen dar, denen die mittelalterliche Überlieferung die Ursprünge von Dom und Stadt zuschrieb. Die Siegelumschrift lautet: + SIGlLLVM BREMENSIS CIVITATIS.
Der Stempel dieses Siegels wurde im Gefolge innerstädtischer Machtkämpfe 1365/66 bewusst zerstört. Der siegreiche Rat schrieb am 9. August 1366: „Unde dat inghezegel lete wy ok enttwey slan, do it erst in unse wolt wedder quam“ - das Siegel ließen wir auch entzweischlagen, als es wieder in unsere Gewalt kam.
Das Siegelbild hat in Bremen nachgewirkt. In einem Relief an der Orgelempore im Bremer Dom aus dem 15. Jahrhundert wird das Motiv wieder aufgenommen, schließlich in einem auf 1532 datierten Wandgemälde in der oberen Rathaushalle großflächig ausgeführt. Allerdings haben die Personen nun die Plätze getauscht.
Das nach der Zerstörung des ersten Stadtsiegels 1366 neu eingeführte Siegel zeigt nebeneinander auf einer Bank sitzend links den Kaiser mit Krone, Zepter und Reichsapfel, rechts den Heiligen Petrus mit der Tiara (dem Papsthut), in der Rechten ein Schwert, in der Linken den Schlüssel haltend. Die Darstellung mag beeinflusst sein vom zu der Zeit gebrauchten 3. Siegel des Bremer Domkapitels, auf dem Petrus und Maria mit Kind nebeneinander auf einer Bank sitzen. Beim Vergleich mit dem ersten Stadtsiegel fällt auf, daß Kaiser und Kirchenfürst die Plätze gewechselt haben, so dass nun der Kaiser den ehrenvolleren Platz einnimmt; außerdem hat man anstelle des Bischofs Willehad, der auf nicht mehr erwünschte Weise auch an die Erzbischöfe als Stadtherren von Bremen erinnerte, den als Papst gekennzeichneten Schutzpatron Petrus ins Siegelbild genommen: eine durch die historische Situation nahegelegte Abwendung vom erzbischöflichen Stadtherrn, die gleichzeitig dem auf Kaiser und Reich gerichteten Freiheitsstreben der Bremer Bürger Ausdruck gibt.
In der Neuzeit fand das zweite Stadtsiegel vornehmlich bei der Beurkundung von Immobiliengeschäften Verwendung. Solche in der Tradition des Mittelalters stehenden „Bremer Handfesten“ gab es bis zum Jahre 1834. Wohl im Zusammenhang mit dem Erlass einer neuen Erbe- und Handfestenordnung wurde der Stempel des bis dahin benutzten Siegels am 10. Januar 1834 vom Obergericht an das Bremer Archiv abgegeben, wo er sich noch heute befindet.