Französische Kriegsgefangene, die während des 2.Weltkriegs im Bremer Holz- und Fabrikenhafen Zwangsarbeit leisteten, bemalten die Wände des Lagerschuppens, in dem sie zwischen 1942 und 1945 wohnten, schliefen und aßen, mit 13 großformatigen Bildern. Diese zeigen Gefangene in ihrem Alltag: beim Entladen von Holzschiffen, beim Verlassen der Schiffe zum Feierabend, beim Wäschewaschen, Kartoffelschälen, Kartenspielen, bei der Morgentoilette und der Kleiderausgabe, beim Empfang der begehrten Etiketten für die Päckchen von zu Haus. Lange Zeit waren die Bilder in Vergessenheit geraten. Seit 1996 wurden sie vom Landesamt für Denkmalpflege geborgen, konserviert und teilweise restauriert. Künftig werden sie ständig im Staatsarchiv Bremen zu sehen sein. Damit wird der Öffentlichkeit der Blick auf ein Stück bremischer Geschichte wieder zugänglich, das aus dem Stadtbild so gut wie völlig verschwunden ist.
Die ca. 4.200 französischen Kriegsgefangenen waren während des Krieges in Bremen in den Rüstungsbetrieben, auf der AG Weser, bei Borgward und Weser-Flug, aber auch bei der Städtischen Müllabfuhr, im Hafen, im Gaswerk, bei Handwerkern und in der Landwirtschaft, in Bau- und Arbeitsbataillons beim Trümmerräumen und Reparieren von Bombenschäden und auch beim Bunkerbau in Farge eingesetzt. Zusammen mit zivilen Zwangsarbeitern aus allen von Deutschland besetzten Ländern Europas, den halbverhungerten und verachteten sowjetischen Kriegsgefangenen und italienischen "Militärinternierten" und Häftlinge der bremischen Außenlager des KZ Neuengamme bildeten sie ein Heer von rund 70.000 ausländischen Zwangsarbeitern allein in Bremen, die die einberufenen Soldaten ersetzten und die Kriegswirtschaft sowie die allgemeine Verpflegung der Bevölkerung aufrechterhielten. Unter unvorstellbaren Bedingungen schließlich wurde Zwangsarbeit in den bremischen Außenlagern des KZ Neuengamme geleistet.
Die erste Station für die Kriegsgefangenen war das Stalag XB Sandbostel bei Bremervörde. Von dort wurden die meisten unverzüglich zum Arbeitseinsatz in die vielen großen und kleinen Lager überall in Bremen geschickt. Die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr und das Vertrauen in die kollaborierende Vichy-Regierung schwanden bald. Bis zum Kriegsende wurden die Gefangenen in Deutschland festgehalten. Besonders am Anfang und nach der Befreiung Frankreichs litten sie Hunger, als die Päckchen von zu Hause fehlten. Die deutschen Rationen reichten nicht. Der Kontakt mit den Familien war streng reglementiert, die wenigen erlaubten Briefe unterlagen der Zensur. Privatleben gab es nicht mehr. In den Lagern lebten die Gefangenen auf engstem Raum und in mehrstöckigen Betten zusammengepfercht, sehr oft unter miserablen hygienischen Bedingungen, Ungeziefer war an der Tagesordnung. Noch schlimmer aber war die Angst vor den Bomben - als Kriegsgefangene hatten sie keinen Zugang zu den Bunkern, mussten in Splittergräben notdürftig Schutz suchen und oft auch bei Alarm weiterarbeiten. Die täglichen Arbeitszeiten waren 10 bis 12 Stunden, oft auch am Sonntag. Kriegsgefangene waren mit einem "KGF" in großen weißen Lettern hinten auf der Jacke gekennzeichnet. Sie durften nicht auf dem Bürgersteig gehen. Streng verboten war privater Kontakt zur Zivilbevölkerung: "Feind bleibt Feind" hieß es immer wieder in Appellen an die Bremerinnen und Bremer. Vereinzelte freundliche Gesten der Solidarität, die es trotzdem gab, und die Erfahrung von Kameradschaft untereinander gehören zu den wenigen positiven Erinnerungen, die den ehemaligen Kriegsgefangenen bis heute noch geblieben sind.
Dieses Kriegsgefangenen-Arbeitskommando gehört zu den ersten in Bremen. Es wuchs schnell auf mehrere hundert Gefangene an, die in verschiedenen Hafenbetrieben eingesetzt waren. Untergebracht waren sie zunächst auf dem außer Dienst gestellten und zum Wohnschiff umfunktionierten Frachter "Admiral Brommy", der im Holzhafen vor Anker lag. Dort waren die Zustände so unbeschreiblich schlecht und gefährlich, dass nach wiederholten Inspektionen durch das Internationale Rote Kreuz und Intervention von oben endlich ab Februar 1942 nach und nach Hafenschuppen an Land bezogen wurden. Der brutale Kommandant, der sich sogar gegenüber der Delegation des Roten Kreuzes damit brüstete, Gefangene mit Faustschlägen ins Gesicht zu bestrafen, wurde jedoch nicht abgelöst. Und auf die "Brommy" zogen ukrainische Zwangsarbeiter. Im Schuppen war zunächst auch nicht mehr Platz und er war im Winter schwer zu heizen. Es erfolgten dann Umbauten, der Schuppen erhielt Fenster und zwischen Sommer 1942 und Frühjahr 1943 entstanden auch die Wandbilder, die uns, wenn auch natürlich in harmloser Form - schließlich handelte es sich um offizielle erlaubte Malereien - vom Leben der Gefangenen erzählen. Dem aufmerksamen Betrachter, wie den gefangenen Kameraden, für die die Bilder gemeint waren, erschließt sich dennoch so manche Anspielung in auf den ersten Blick beiläufigen Details.
Die Laien-Malereien sind plakativ und mit einfachen Mitteln ausgeführt worden, besitzen jedoch eine hohe Aussagekraft. Als geschichtliches Dokument sind sie einzigartig, da in Deutschland keine vergleichbaren Beispiele bekannt sind.
Die Wandbilder sind ausgestellt im Foyer des Staatsarchivs Bremen und sind dort innerhalb der Öffnungszeiten zu besichtigen.